TrueffelpixWerden Bewerberinnen für die Stelle einer Zugbegleiterin unter anderem wegen ihrer geringen Körpergröße abgewiesen, stellt dies eine unzulässige mittelbare Diskriminierung von Frauen dar. Denn auch kleine Frauen könnten die Tätigkeiten als Zugbegleiterin nachgehen und ebenso sicherheitsrelevante Einrichtungen in einem Zug bedienen, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg in einem am Donnerstag, 03.11.2016, veröffentlichten Urteil (AZ: 19 Sa 45/15). Die Stuttgarter Richter sprachen damit einer 1,55 Meter großen Stellenbewerberin für ihre erlittene Diskriminierung eine Entschädigung in Höhe von zwei Monatsgehältern zu, insgesamt 4.077,00 € zuzüglich Zinsen.

Die Frau hatte sich bereits 2013 als Zugbegleiterin beworben, den Eignungstest aber nicht bestanden. Als sie im November 2014 einen erneuten Anlauf unternahm und sich auf die Stelle einer Zugbetreuerin im Fernverkehr bewarb, erhielt sie wiederum eine Absage. Zum Bewerbungsgespräch wurde sie gar nicht erst eingeladen.

Im Januar 2015 verlangte sie die Einstellung oder hilfsweise eine Entschädigung wegen einer erlittenen Diskriminierung in Höhe von drei Monatsgehältern. Vor Gericht rügte sie, dass sie wegen ihrer Körpergröße von 1,55 Meter nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen worden sei. Dabei berief sie sich auf Aussagen eines Betriebsratsmitgliedes, der dies vom zuständigen Personalreferenten erfahren hatte. Die unterbliebene Einladung sei eine Diskriminierung wegen ihres Geschlechts. Denn Frauen seien durchschnittlich kleiner als Männer und seien daher von dem Vorgehen des Arbeitgebers besonders häufig betroffen.

Der Arbeitgeber bestritt eine Diskriminierung. Die Bewerberin sei wegen ihrer fehlenden Eignung abgelehnt worden. Auch ihr Bewerbungsschreiben habe viele Fehler enthalten.

Eine Einstellung kann die Klägerin zwar nicht verlangen, stellte nun das LAG in seinem Urteil vom 29.04.2016 klar, ihr stehe aber eine Diskriminierungsentschädigung zu. Die Stuttgarter Richter verringerten allerdings die vom Arbeitsgericht Karlsruhe zugesprochene Entschädigung von drei auf zwei Monatsgehälter.

Mit der unterbliebenen Einladung zum Vorstellungsgespräch sei der Klägerin die Chance auf die ausgeschriebene Stelle versagt worden, so das LAG. Die Bewerberin sei entsprechend ihrer Qualifikation und den Anforderungen der Stellenausschreibung objektiv für die Stelle geeignet gewesen.

Laut Beweisaufnahme sei sie auch wegen ihrer geringen Körpergröße nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen worden. Nach dem Mikrozensus von 2013 liege die Durchschnittsgröße von Frauen ab 18 Jahren bei 1,65 Meter, bei Männern dagegen bei 1,78 Meter. „Damit steht fest, dass durch das Abstellen auf das Kriterium der Körpergröße Frauen gegenüber Männern benachteiligt werden“, heißt es in dem Urteil.

Für diese Benachteiligung habe der Arbeitgeber aber keinen sachlichen Grund gehabt. So könnten auch sicherheitsrelevante Einrichtungen wie ein in einer Höhe von 1,75 Meter angebrachter Notfallkoffer ohne weiteres auch von kleinen Zugbegleiterinnen erreicht werden.

Wegen des Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz stehe der Klägerin für ihre erlittene Diskriminierung eine Entschädigung zu. Angemessen seien hier zwei Monatsgehälter, urteilten die Stuttgarter Richter.

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