LAG Mainz: Caritas-Klinik benachteiligte Hygienekraft unangemessen

Arbeitgeber dürfen Arbeitnehmer bei der Vereinbarung über die Rückzahlung von Fort- und Weiterbildungskosten im Falle einer vorzeitigen Kündigung nicht unangemessen benachteiligen. So ist eine Vertragsklausel unwirksam, wenn die Rückzahlung auch bei einer unverschuldeten Eigenkündigung aus personenbedingten Gründen verlangt werden kann, urteilte das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 16.11.2023 (AZ: 2 Sa 90/23).

Die klagende Caritas-Klinik hatte einer bei ihr seit dem 01.10.2020 beschäftigten Hygienefachkraft eine Fortbildung bezahlt. Diese sollte von Januar 2021 bis Dezember 2022 an insgesamt 90 Tagen stattfinden. Für diese Zeit wurde die Arbeitnehmerin unter Fortzahlung ihrer Vergütung freigestellt.

Auf das Arbeitsverhältnis fanden die kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) der Caritas Anwendung. Diese sehen unter anderem eine teilweise oder vollständige Rückzahlung der vom Arbeitgeber übernommenen Fort- oder Weiterbildungskosten vor, „wenn das Dienstverhältnis auf Wunsch des Mitarbeiters oder aus einem von ihm zu vertretenden Grunde endet“.

Dies reichte der Caritas-Klinik nicht aus. In einer gesonderten Rückzahlungsvereinbarung wurde festgelegt, dass die Kosten der Fortbildung, die in dieser Zeit von der Klinik gezahlte Vergütung sowie die Sozialversicherungsbeiträge ganz oder teilweise zurückzuzahlen sind, wenn die Mitarbeiterin vor Ablauf von drei Jahren während der Fortbildungszeit „aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus den Diensten des Klinikums ausscheidet“. Für jeden Monat der Beschäftigung nach Ende der Fortbildung sollte 1/36 der Gesamtaufwendungen erlassen werden.

Da die Arbeitnehmerin vom 14.06.2021 bis einschließlich 11.03.2022 arbeitsunfähig erkrankt war, konnte sie in dieser Zeit nicht an der Fortbildung teilnehmen. Bereits am 24.11.2021 kündigte sie das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31.03.2022. Sie gab hierfür medizinische Gründe an.

Die Arbeitgeberin hielt dies nicht für glaubwürdig. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitnehmerin ihre Tätigkeit dauerhaft nicht ausüben könne. Soweit ihr bekannt sei, sei die Frau kurze Zeit später wieder in ihrem Beruf tätig geworden. Da sie die Fortbildung auf eigenen Wunsch unterbrochen habe, müsse sie die Kosten einschließlich der Lohnfortzahlung und der geleisteten Sozialversicherungsbeiträge zurückzahlen – insgesamt 20.450,00 €.

Das LAG lehnte den Rückzahlungsanspruch ab. Zum einen sei die Rückzahlungsregelung in den AVR der Caritas nicht anwendbar, auch wenn laut Arbeitsvertrag die AVR gelten sollten. Denn die Arbeitgeberin habe eine vorrangige eigene Rückzahlungsvereinbarung getroffen, so dass die AVR nicht mehr greifen. Danach bestehe eine weitergehende Rückzahlungspflicht der Mitarbeiterin, wenn „die Weiterbildung aus ihrem Verschulden oder ohne Einverständnis des Klinikums auf eigenen Wunsch entweder unter- oder abgebrochen wird“.

Eine Rückzahlungsverpflichtung bei Unterbrechung oder Abbruch der Maßnahme und dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis sei zwar grundsätzlich möglich, so das LAG. Sie dürfe aber nicht pauschal von der Eigenkündigung des Arbeitnehmers abhängig gemacht werden, ohne dass nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens unterschieden werde. So bestehe hier eine Rückzahlungspflicht auch dann, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung unverschuldet nicht mehr erbringen könne und aus dem Arbeitsverhältnis vorzeitig ausscheide, etwa aus medizinischen Gründen. Die neue Vereinbarung enthalte im Gegensatz zu den AVR auch keine Klausel, wonach die Rückzahlung der Fortbildungskosten bei einer Schwangerschaft entfalle.

Damit benachteilige die Rückzahlungsvereinbarung die Arbeitnehmerin unangemessen, so dass diese unwirksam sei und ersatzlos entfalle, urteilte das LAG.

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